Eines der häufigsten und am meisten beeinträchtigenden Symptome bei PBC-Patient:innen ist Fatigue (chronische Erschöpfung), die in ganz unterschiedlicher Ausprägung auftreten kann. Leider ist die extreme Erschöpfung aber auch ein Symptom, das sich dem Umfeld oft schwer vermitteln lässt bzw. den Patient:innen häufig abgesprochen wird.
Was ist Fatigue?
Fatigue ist ein medizinischer Begriff, der sich auf ein überwältigendes Gefühl von Müdigkeit oder Erschöpfung bezieht, das durch normale Erholung wie Schlaf oder Ruhe nicht vollständig gelindert werden kann. Es unterscheidet sich von gewöhnlicher Müdigkeit durch seine Intensität, Dauer und die Art und Weise, wie es das tägliche Leben und die Funktionalität beeinflusst.
Häufigkeit der Fatigue bei PBC
Fatigue tritt bei etwa 40-80% der Patient:innen mit PBC auf und ist somit eines der dominanten Symptome dieser Erkrankung. Studien zeigen, dass die Mehrheit der PBC-Patient:innen von diesem Symptom betroffen ist, was die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen kann. Die Erschöpfung kann in vielen Fällen so stark sein, dass sie die täglichen Aktivitäten und die berufliche Leistungsfähigkeit massiv einschränkt.
Ausprägungen der Fatigue
Fatigue bei PBC kann sich in verschiedenen Formen und Schweregraden äußern. Hier sind einige der häufigsten Ausprägungen:
- Physische Erschöpfung:
- Diese Art von Fatigue äußert sich durch eine generelle körperliche Schwäche und das Gefühl, ständig müde zu sein – selbst nach ausreichendem Schlaf. Patient:innen berichten oft von einer verminderten körperlichen Belastbarkeit und dem Bedürfnis, sich häufiger auszuruhen.
- Mentale Erschöpfung:
- Bei vielen Betroffenen geht die Fatigue mit Konzentrationsschwierigkeiten, Gedächtnisproblemen und einer allgemeinen geistigen Erschöpfung einher. Auch Angst und Überforderung können damit einhergehen. Dies kann zu Problemen bei der Bewältigung alltäglicher Aufgaben und der Teilnahme am sozialen Leben führen.
- Schwankender Erschöpfungszustand:
- Die Intensität der Fatigue kann von Tag zu Tag variieren. An manchen Tagen fühlen sich Patient:innen relativ energiegeladen, während sie an anderen Tagen nahezu bewegungsunfähig sind. Diese Unvorhersehbarkeit kann besonders belastend sein, da sie eine langfristige Planung erschwert.
- Nicht-erholsamer Schlaf:
- Viele PBC-Patient:innen leiden unter Schlafstörungen, die dazu führen, dass der Schlaf nicht erholsam ist. Trotz ausreichender Schlafdauer fühlen sie sich am nächsten Morgen nicht ausgeruht. Dies verstärkt die Müdigkeit und beeinträchtigt den Tagesablauf.
Umgang mit Fatigue bei PBC
Der Umgang mit Fatigue bei PBC erfordert oft einen multidisziplinären Ansatz. Hier sind einige Strategien, die hilfreich sein können:
- Medizinische Behandlung:
- Medikamente, die die Symptome von PBC lindern oder das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen, können indirekt auch die Fatigue verbessern. Die Standardmedikationen sind Ursodeoxycholsäure (UDCA) und/oder Obeticholsäure. Weiterhin ist es sinnvoll den Spiegel bestimmter Vitamine und Mineralstoffe (u.a. Vitamin B12, Vitamin D, Magnesium, Folsäure) zu bestimmen, um dort ggf. einem Mangel entgegenzusteuern.
- Bewegung:
- Regelmäßige, moderate Bewegung kann die Energielevels verbessern. Wichtig ist jedoch, die Aktivitäten so zu gestalten, dass sie den eigenen Möglichkeiten entsprechen und nicht zu einer Überanstrengung führen. Dies können zum Beispiel Spaziergänge, sanfte Sportarten wie Yoga und Qi-Gong oder Radfahren und Schwimmen sein.
- Ernährung:
- Eine ausgewogene Ernährung kann dazu beitragen, die allgemeine Gesundheit zu verbessern und die Fatigue zu reduzieren. Es kann auch hilfreich sein, kleine, häufige Mahlzeiten zu sich zu nehmen, um den Blutzuckerspiegel stabil zu halten. Eine professionelle Ernährungsberatung kann hier hilfreich sein, eine individuelle und realitätsnahe Umstellung auszuarbeiten. Auch Nahrungsergänzungsmittel können hier einen Beitrag leisten.
- Psychologische Unterstützung:
- Der Umgang mit einer chronischen Erkrankung und den damit verbundenen Symptomen wie Fatigue kann psychisch belastend sein. Psychologische Unterstützung oder Selbsthilfegruppen können hierbei wertvolle Hilfe bieten. Oft hilft es, wenn man mit einer außenstehenden Person über Sorgen und Ängste oder einfach ganz praktische Probleme, die die Erkrankung mit sich bringt, spricht.
- Zeitmanagement:
- Das Planen und Priorisieren von Aufgaben kann helfen, die verfügbaren Energiereserven Ressourcen schonend einzusetzen. Vielleicht ist es möglich, für einige Alltagsaufgaben Unterstützung zu erhalten (professionell oder aus dem Familien-/Freundeskreis). Auch kurze Entspannungsübungen oder Meditationseinheiten können im Alltag unterstützend wirken.
- Akzeptanz:
- Es kann sehr schwer fallen, das „alte Leben“ loszulassen. Aber im ersten Schritt ist es besonders wichtig, auf den Körper zu hören und ihm die Zeit und die Ruhe zu geben, die er braucht. Dies kann mit kleineren oder größeren Änderungen des Lebensstils einhergehen. Der Alltag muss vielleicht ganz anders gestaltet werden. Freizeitaktivitäten können vielleicht nicht mehr in dem Maße wahrgenommen werden wie früher. Insgesamt steht vielleicht das gesamte Lebenskonzept auf dem Prüfstand. Aber den Körper zu sehr zu fordern, ist hier kontraproduktiv. Auch ist es sehr wichtig, dem persönlichen Umfeld (Familie, Freunde, Beruf) die Situation deutlich zu machen und dafür einzustehen.
Fazit
Fatigue ist ein sehr häufiges und belastendes Symptom bei Patient:innen mit Primär biliärer Cholangitis. Es manifestiert sich auf verschiedene Weisen und kann die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Leider ist Fatigue auch ein Symptom, dass bei vielen auf Unverständnis trifft. Ein ganzheitlicher Ansatz, der medizinische Behandlung, Lebensstiländerungen und psychologische Unterstützung kombiniert, kann helfen, die Auswirkungen der Fatigue zu minimieren und den Betroffenen ein erfüllteres Leben zu ermöglichen.